Das Problem

Vielleicht fragst du dich, wo denn das Problem liegt. Homosexualität ist doch normal und ganz natürlich – einfach eine andere Art zu leben, zu lieben. Sie wird akzeptiert oder zumindest toleriert. Du magst Recht haben, aber ich kann das (leider?) nicht einfach abnicken und mich in die erst beste Beziehung stürzen.

Ich bin Christ. Vielleicht denkst du jetzt an einen deutschen Durchschnittsbürger, der entweder evangelisch oder katholisch ist und die Kirche außer an Weihnachten höchstens noch bei einer Hochzeit von innen sieht. Das soll nun keineswegs abwertend klingen, aber ich bin der Meinung, dass es bei vielen Menschen, die laut einer offiziellen Urkunde nun mal „Christen“ sind, ebenso ist. In Deutschland ist die Mehrheit mehr oder weniger christlich erzogen, hat eine erfolgreiche kirchliche Laufbahn mit Kommunion oder Konfirmation hinter sich gebracht und kann Ostern mehr als einem Osterhasen und bunten Schokoeiern zuordnen.
Nun, bei mir ist es so: Ich bin überzeugter Christ und glaube an eine erlebbare Gottesbeziehung und an ein Leben nach dem Tod. Ich glaube daran, dass Jesus Christus als Sohn Gottes auf diese Welt gekommen ist und für meine Schuld, die mich von Gott trennt, starb. Sein Tod am Kreuz macht mich frei von Sünde und ermöglicht mir das ewige Leben im Himmel. Das ist mein Glaube und mit dieser Überzeugung bin ich aufgewachsen. Ich kann mir gut vorstellen, dass das für dich, wenn du mit Religion eher weniger zu tun hast, relativ abwegig und seltsam vorkommt. In meinen weiteren Einträgen werde ich mehr über meinen Glauben schreiben und dir alles besser erklären. An dieser Stelle reicht mein kleines Glaubensbekenntnis um mein eigentlichen Problem zu beschreiben:

Christsein und Homosexualität passen nicht zusammen.

Mein Lebensfundament, meine Überzeugung, mein Glaube lässt gleichgeschlechtliche Liebe nicht zu und sieht sie eindeutig als Sünde an. Und diese unlösbare Gleichung beschäftigt mich. Sie beschäftigt mich so sehr, dass ich manchmal an nichts anderes denken kann. Der Zwiespalt dieser zwei Gegensätze zerreißt mich.

Ich kann mir ein Leben ohne meinen Glauben nicht vorstellen. Das Wissen, dass es nach meiner Zeit auf dieser Erde „weiter geht“ trägt mich und gibt meinem Leben Sinn. Die Vorstellung, dass nach 80 Jahren alles vorbei und mein Leben begrenzt ist, lässt mich nach dem eigentlichen Grund des Lebens fragen und endet in einer lähmenden Hoffnungslosigkeit. Wie gut, dass mir mein Gott durch seinen Sohn Jesus das ewige Leben schenkt und ich in dieser Zuversicht leben kann. So spricht mir mein frommes ICH mit leicht bestimmendem Unterton bekannte Überzeugen zu und versucht das energische Meckern meines rebellierenden ICH’s zu übertönen. Dies hat früher auch immer gut funktioniert – heute tobt ein gleichberechtigter Kampf in meinem Herzen.

Der frommen Seite stehen Gedanken entgegen, die in etwa so klingen: „Wie kann ein dich liebender Gott Liebe verbieten? Was sollte an einer Beziehung zu einem anderen Mann falsch sein? Bist du wirklich bereit, ein Leben lang allein zu bleiben und unglücklich zu sein? An was für einen Mist glaubst du eigentlich?“ Erschreckend ehrliche Fragen, denen ich mich stellen muss. Jetzt kennst du mein Problem. Mein Problem, dass für viele gar kein Problem ist. Für mich aber schon. Es ist so. Ich bin Christ und glaube an die Bibel. Und dort ist kein Platz für einen zärtlichen Kuss zwischen zwei sich liebenden Männern. Und während ich diese Zeile schreibe, frage ich mich schon wieder: „Warum nur?“. Zwei Welten, zwei Lebensinhalte. Und ich mitten drin.

Es gibt 3 Kommentare.

  1. Hallo Marc,

    ich kenne Deine Fragen sehr gut – ich habe sie mir in Deinem Alter auch gestellt – und auch gedacht, es seien zwei Welten und zwei Lebensinhalte. Aber das stimmt nicht, und mittlerweile denken auch ganz viele evangelikale überzeugte Christen es anders – noch nicht alle offen, aber es passiert viel im Hintergrund und es ist nicht so, dass man die Bibel verwerfen muss, um homosexuell und überzeugter Christ zu sein. Mal ein Buchtipp: Die Jesus-Revolution von Shane Claiborne und Tony Campolo

    Gottes Geist lenke Dich
    Frank

    • In reply to Frank

      Hey Frank,

      danke für die Buchtipps! Shane Claiborne kenne ich bereits von „Ich muss verrückt sein, so zu leben“. Habe das Buch aber nicht ganz durchgelesen. Aber bei Zeit werde ich mir deine empfohlenen Bücher mal anschauen. Ein weiteres Buch, dass ich gerne lesen möchte, ist „Streitfall Liebe“. Kennst du das?

      Liebe Grüße,
      Marc

  2. Hi Marc,
    Endlich komme ich dazu, etwas mehr in deinem Blog zu stöbern. Ach – ich kenne deine Situstion und all diese Gedanken nur zu gut! Wir sitzen im selben Boot. Und das ist doch gleichzeitig ermutigend: du bist nicht alleine! Du musst das nicht alleine durchstehen. Immer mehr homosexuell empfindende Christen haben den Mut, sich zu outen – und das ist wichtig, damit unsere Kirchen- und Gemeindeleiter das Problem erkennen können.

    Ich wünsche dir viel Kraft und Mut für deinen Weg. Dieser Blog ist eine tolle und wichtige Sache, mach weiter so! Ich bin überzeugt, dass Gott uns seinen Frieden immer wieder von neuem schenkt und uns zeigen wird, wo unser Weg langgehen soll.

    Liebe Grüsse,
    Andreas

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